Ellbogenhebel (karamizume) - Ryūsuikai Aikibudō

Abseits von Kampftechniken mit Stock, Eisenfächer und Dolch liegt der Fokus des Ryūsuikai Aikibudō auf dem unbewaffneten Nahkampf, genannt aiki-jūjutsu.

Aiki-jūjutsu ist kein aikidō. Begründet liegt dies im unterschiedlichen Verständnis von Kampf als solchem sowie in der jeweiligen Systematik und der spezifischen Ausführungsweise von Techniken. Neben der unverkennbaren Ähnlichkeit, die auf der gemeinsamen Entwicklungsgeschichte beider Disziplinen beruht, gibt es deutliche Unterschiede.

Während im aikidō vornehmlich Einzeltechniken und deren Anwendung im freier Kombination trainiert werden, gestaltet sich die Übung des aiki-jūjutsu strukturell anders. Wenn auch das aiki-jūjutsu vorgenannte Trainingsmethoden kennt, steht hier jedoch das traditionelle katageiko im Mittelpunkt. Dabei handelt es sich um die Übung komplexer Technikserien, in denen verschiedene Kampfszenarien simuliert werden. Technik und Prinzip werden entlang eines Stufensytems unter strenger Befolgung festgeschriebener Bewegungsformen eingeübt. Ziel dessen ist es, den Praktizierenden in die Lage zu versetzen, die erlernten Verfahren im realen Kampfgeschehen reflexartig anzuwenden.

Armhebel (ippondori) - Ryūsuikai Aikibudō

Dem äußeren Erscheinungsbild nach wirkt aiki-jūjutsu martialischer als aikidō, welches sich eher defensiv und verhältnismäßig abstrakt gebärdet. So wird dem aikidō des Öfteren vorgehalten, keine „echte Kampfkunst“ mehr zu sein, sondern eine auf ästhetische Elemente reduzierte Bewegungsdisziplin. Konkret wird dies etwa in der Art, wie Angriffe durchgeführt werden: Im aikidō deutet der explizit als Partner betrachtete Kontrahent Schläge häufig nur an; Greif- und Ringerangriffe erfolgen mehrheitlich ohne gesteigerten Krafteinsatz. Im aiki-jūjutsu werden Angriffe stets realitätsgetreu ausgeführt; zudem leistet der Gegner spürbaren Widerstand.

Harte und geradlinige Bewegungen statischen Charakters sowie weiche und kreisförmige Bewegungen dynamischer Natur kommen im aiki-jūjutsu gleichermaßen zum Einsatz. Im aikidō überwiegen tendenziell letztgenannte Bewegungsarten. Des Weiteren wird im aiki-jūjutsu ein Schwerpunkt auf die Verwendung effektiver Schlag- und Tritttechniken (atemi) gelegt, die von kraftvollen Kampfschreien begleitet werden. Im Unterschied zum aikidō spielen außerdem Selbstfallwürfe und Strangulationstechniken eine nicht unwesentliche Rolle.

Das „In-Einklang-bringen widerstreitender Kräfte“ (aiki) ist sowohl im aikidō wie auch im aiki-jūjutsu von zentraler Bedeutung. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die beiden Systeme nicht wesentlich voneinander, wohl aber in der Interpretation, mit welchen Mitteln und welcher Zielsetzung aiki verwirklicht wird: Das modernere aikidō strebt die Verwirklichung friedfertigen Handelns an, wohingegen das althergebrachte aiki-jūjutsu in einem dezidiert kämpferischen Kontext verwurzelt ist.

Der wohl bedeutendste Unterschied zwischen dem Ryusuikai Aikibudō und anderen Schulrichtungen des aiki-jūjutsu liegt in der Reduktion geübter Techniken. Während in der Hauptlinie der Daito-ryū und im Yōseikan Budō eine Unmenge mehrerer hundert Technikvarianten trainiert wird, konzentriert sich die Übung im Ryusuikai auf eine überschaubare Anzahl prinzipengeleiteter Techniken. Entlang der Erfahrungswerte klassicher koryū-Schulen werden hier rund 160 prägnante Techniken (waza) trainiert, kodifiziert in 20 Serien (kata). Dies beruht auf der Überzeugung, dass die Herausbildung und Entwicklung kämpferischer Fertigkeiten auf diese traditionelle Weise am besten gelingt.